Unser Leben wird zunehmend digitalisiert. Und während wir auf dem Weg zu einem leichteren Leben vorwiegend physischen Ballast abwerfen, wird dieser Aspekt häufig vernachlässigt.
Die digitale Revolution ist so ziemlich das Beste, was einem Minimalisten passieren konnte. Plötzlich brauchen wir keine meterlangen Regale mehr für unsere Büchersammlung. Dokumente sind schnell gescannt und beanspruchen keinen Platz mehr auf unserem Schreibtisch. Unsere Smartphones machen mit einer Vielzahl von Apps diverse andere Hilfsmittel überflüssig.
Digitale Medien eröffnen unzählige Möglichkeiten, um das Leben einfacher zu gestalten. Werden diese jedoch nicht mit Bedacht genutzt, können sie ebenso sehr belasten, wie ihre physischen Gegenstücke.
Die folgenden Tipps sollen dabei helfen, dass diese schöne neue Welt hält, was sie verspricht.
1. Halte deinen Schreibtisch sauber
Wie im “echten” Leben sollte auch auf dem Computer der Schreibtisch (engl. Desktop) möglichst frei von unnötigen Ablenkungen bleiben. Das sorgt für eine angenehmere Arbeitsatmosphäre, sowie effektives und entspanntes Arbeiten.
Auf meinem eigenen Desktop befindet sich kein einziges Icon. Ich werde begrüßt von einem beruhigenden Hintergrundbild und nicht erschlagen von einer Armada an Symbolen, die nicht anders auf mich wirken würden, als Aktenberge auf meinem Schreibtisch.
Ganz so radikal muss es natürlich nicht sein, doch es empfiehlt sich, nur die wichtigsten und regelmäßig verwendeten Shortcuts direkt auf dem Desktop zu platzieren.
Oft erstellen installierte Programme eine Verlinkung, damit wir schneller auf sie zugreifen können. In einigen Fällen ist das durchaus sinnvoll, in anderen hingegen vollkommen überflüssig. Oder wann hast du zuletzt auf das Icon deines PDF-Readers oder Virenscanners geklickt?
Dateien und Ordner sollten sich grundsätzlich nur temporär auf dem Desktop befinden, bis sie gelöscht oder strukturiert abgelegt werden. Mehr dazu in Punkt (6).
2. All die nützlichen Helferlein
Wir neigen dazu, uns alle möglichen Programme und Apps auf unseren Computer und unsere Smartphones zu laden. Nach einigen Monaten wundern wir uns dann, warum die Geräte immer langsamer werden und ständig abstürzen.
Eine gute Auswahl vor der Installation und vor allem eine regelmäßige Deinstallation nicht mehr benötigter Programme helfen, dieses Problem zu umgehen. Außerdem gibt die Beseitigung dieses einen Spiels, das wir schon seit monaten nicht mehr gespielt haben, möglicherweise den Speicherplatz frei, den wir für die Fotos im nächsten Urlaub so dringend benötigen.
3. Wie viele Fotos sind genug?
Doch auch in diesem Bereich gibt es bei den meisten von uns durchaus Bedarf für Optimierung.
Seit dem Aufkommen der ersten digitalen Kompaktkameras und vor allem seitdem die Bilder von Smartphones beeindruckende Qualität angenommen haben, verloren wir mehr und mehr das Gefühl für die Menge der von uns gemachten Fotos.
Kehrten wir vor 20 Jahren noch mit drei Filmen zu je 36 Bildern aus einem zweiwöchigen Urlaub zurück, werden diese Dimensionen heutzutage nicht selten bereits erreicht, noch bevor wir den Flieger überhaupt betreten haben. Die Bilder sind quasi kostenlos und nimmt so gut wie keinen Platz weg - warum also auf diese Möglichkeit verzichten?
Die Frage, die wir uns stellen müssen, wenn wir mal wieder in einen “Foto-Rausch” kommen ist: werde ich mir jemals die 50 Bilder von meinem Kaffee am Flughafen wieder anschauen? Wozu brauche ich es überhaupt? Und falls sich hierauf eine vernünftige Antwort ergibt: reicht nicht womöglich auch ein einziger Abzug?
Unsere Computer, Smartphones und neuerdings auch Cloud-Speicher quillen über vor lauter digitaler Fotografie. Eine große Bilder-Bibliothek scheint hier zu einer Art Statusmerkmal geworden zu sein. Es geht weniger darum, die schönsten Momente perfekt einzufangen, sondern darum, in möglichst vielen Aufnahmen möglichst jeden einzelnen Schritt zu dokumentieren.
Dass die, wenn überhaupt stattfindende, mehrstündige Vorstellung unseres Urlaubs meist zu einer Tortur für alle Beteiligten wird, merken wir zwar als Zuschauer, vergessen es jedoch nur allzu gern als Veranstalter.
Gründliche Überlegung vor jeder Betätigung des Auslösers und rigorose Selektion zeitnah nach dem Urlaub spart unter anderem Speicherplatz. Dies mag in Zeiten von unbegrenztem Online-Fotospeichern zunächst nicht wie ein schlagendes Argument wirken.
Behalten wir unsere Bilder jedoch mangels überall verfügbarem High-Speed-Internets zusätzlich auf unserem Smartphone, werden wir früher oder später der Fehlermeldung über “Mangelnden Speicherplatz” begegnen.
Desweiteren spart es Zeit bei allen zukünftigen Gelegenheiten, in denen man “dieses eine Bild von mir mit diesem Fisch” sonst zwischen den 2.000 Bildern von Kaffeetassen sucht.
4. Inbox Zero
Das Thema E-Mail ist im Zusammenhang mit Minimalismus ein ganzes Thema für sich. Wie in einem gesonderten Artikel bereits ausgeführt, kann ein überquellendes Postfach das persönliche Wohlbefinden unbemerkt durchaus negativ beeinflussen.
Ein einfaches System hilft, diese Stressquelle zu beseitigen und mehr Übersicht zu gewinnen. So verschwenden wir weniger Zeit und erhalten mehr Fokus für die wichtigen Dinge.
5. Ist das alles noch sozial?
Facebook, Twitter, Pinterest, Google+, MeinVZ, DeinVZ, JedermannsVZ, … Die Liste an sozialen Netzwerken, die jedes mit ihren ganz eigenen Argumenten um unsere Mitgliedschaft buhlen, ist nahezu endlos. und man wird von vielen argwöhnisch beäugt, wenn man sich diesem Hype verschließt.
Doch ist es wirklich notwendig, seine Meinung und seinen Tagesablauf auf so vielen Plattformen wie möglich zu teilen? Wieviel Zeit kostet die Aktualisierung und Verwaltung der zahlreichen Accounts? Wie lange verbringen wir damit, uns durch die vielen Statusmeldungen zu scrollen, in denen wir erfahren, dass diese eine Frau, mit der wir eigentlich schon seit Monaten keinen Kontakt mehr haben, heute ausnahmsweise zwei Stückchen Zucker in ihrem Kaffee hatte?
Vielleicht ist es sinnvoll, sich auf eine Auswahl zu beschränken. Die gewonnene Zeit könnte darauf verwendet werden, einigen unserer Kontakte auch im echten Leben zu begegnen. Oder aber wir nutzen wenigstens einen Teil davon für ein vollkommen neues Projekt. Auf diese Weise machen wir womöglich mehr aus unserem Tag, als nur durch uninteressante Kaffee-Meldungen zu wischen.
6. Entwickle eine Struktur
Unsere Computer lösen nach und nach traditionelle physische Ablagesysteme ab. Und während wir unsere Papierdokumente in manchen Fällen noch in Ordnern abheften, die fein säuberlich mit den Worten “Versicherung”, “Haus” oder “Arbeit” beschriftet sind, sieht es mit unseren Dateien ganz anders aus.
Diese hingegen landen häufig entweder kreuz und quer auf der ganzen Festplatte, schlicht alle im Ordner “Downloads” oder sogar auf dem Desktop. Zwar sind sie in diesem Fall alle an einem Ort, aber das Wiederauffinden dieser Rechnung von vor zwei Monaten kann mit diesem “System” zu einer großen Herausforderung werden.
Um diesen Stress zu vermeiden, bietet es sich an, eine vernünftige Struktur zu entwickeln. Wie schon bei der Strukturierung des Haushalts und des E-Mail-Eingangs gibt es auch hier kein Standardmodell. Jeder kann sein eigenes, für sich logisches System entwickeln - entscheidend ist lediglich, dass überhaupt eines vorhanden ist und dann auch eingehalten wird.
Die gleichen Prinzipien des sortierten Posteingangs können auch hier angewandt werden: beispielsweise können nicht mehr benötigte Dateien gelöscht, der Rest in entsprechend benannte Ordner verschoben werden.
Auf diese Weise lässt sich leichter der Überblick behalten, wir sparen Zeit bei der Suche nach einem bestimmten Dokument und Nerven, die wir sonst opfern würden, weil wir uns einfach nicht mehr daran erinnern können, wo wir es vor einigen Wochen abgelegt hatten.
Die digitale Welt kann Fluch und Segen zugleich sein. Wir können sie dazu nutzen, unser Leben zu bereichern, oder zulassen, dass es zu einer zusätzlichen Belastung wird. Die Entscheidung liegt ganz bei uns.