Jedes Jahr das gleiche Spiel: um die Weihnachtszeit stellen wir fest, dass wir in den vergangenen zwölf Monaten doch etwas zugelegt haben und beschließen, dass dagegen etwas getan werden muss. Mit 57% steht “Mehr bewegen / Sport treiben”, wie auch schon in den Jahren zuvor, auf Platz 3 der Hitliste der guten Vorsätze für 2017.
Fitnessstudios vermelden 60% aller Neuanmeldungen im Januar. Dass sich dieser Trend jährlich wiederholt, ist ihrem Geschäftsmodell zwar zuträglich, spricht jedoch eindeutig nicht für das Durchhaltevermögen ihrer Kunden.
Auch in einem Studio, in dem ich lange Zeit trainierte, konnte ich dieses Bild immer wieder beobachten: während man sich in den ersten beiden Wochen im Januar ein einzelnes Gerät mit drei anderen Sportlern teilen musste, wurde es bereits zum Ende des Monats ziemlich einsam.
Eine englische Studie hat vor einigen Jahren ergeben, dass von 3.000 Teilnehmern ganze 88% ihre Vorsätze nicht einhalten. Woran liegt es, dass wir zwar grundsätzlich willens sind, etwas für unsere Gesundheit zu tun, dann aber doch bei den meisten von uns die Umsetzung fehlschlägt?
Die richtigen Ziele
Professor Gerhard Stemmler, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, sieht ein entscheidendes Problem in falschen bzw. unrealistischen Zielen:
Wenn ich die Ziele dem Erreichbaren ein wenig anpasse,
dann läuft man eigentlich viel besser durchs Leben.
Die erste äußerst wichtige Frage, die sich ein angehender Sportler stellen sollte, lautet: Was will ich eigentlich erreichen? Geht es mir in erster Linie um Muskelaufbau? Will ich ein paar überschüssige Pfunde loswerden? Oder soll der Sport mir einfach nur dazu dienen, möglichst gesund zu leben?
Wird kein Ziel festgelegt, kann auch keines erreicht werden. Darunter leidet recht schnell die Motivation und damit der Einsatz, den wir für unser Training aufbringen. Ohne Ziel können wir keinen konkreten Fortschritt messen und werden schon bald an der Sinnhaftigkeit unserer Anstrengungen zweifeln.
Mit einem zu unrealistischen Ziel verhält es sich ähnlich. Legen wir die Messlatte von Anfang an zu hoch, sind die erkennbaren Fortschritte unter Umständen so unverhältnismäßig gering, dass sich Frustration einstellt und das Training daraufhin aufgegeben wird.
Für einen nachhaltigen Erfolg sollten die Ziele daher klug formuliert sein, was in der Regel eine eingehende Analyse der eigenen Beweggründe und Möglichkeiten voraussetzt.
Die richtige Motivation
Die zweite wichtige Frage für Sportler, die ihren Vorsatz nicht an jedem Silvester wiederholen wollen, lautet: Warum will ich das überhaupt? Die beste Basis, besonders für sportliche Betätigung auf längere Sicht, ist intrinsische Motivation, das heißt, unser Antrieb beruht auf der eigenen inneren Überzeugung.
Mit dem richtigen Ziel vor Augen wird es uns wesentlich leichter fallen, uns regelmäßig aufzuraffen und den inneren Schweinehund zu überwinden, wenn wir selbst beschlossen haben, dass wir etwas an uns ändern wollen.
Der Hinweis, etwa aus Familie oder Freundeskreis, man wäre zu dick und sollte doch bitte endlich abnehmen, mag ein hilfreicher Anstoß sein, wird aber in den seltensten Fällen dazu führen, dass wir dauerhaft motiviert bleiben.
Vorsicht ist ebenfalls beim Thema Trainingspartner geboten. Viele Menschen machen Sport ungern allein, weil es ihnen zu langweilig ist. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, denn Sport ohne Spaß bringt oft nicht den erforderlichen Ansporn.
Allerdings ist hier eine Abgrenzung entscheidend: Das Training mit einem Partner bietet einen Vorteil, keine Ausrede. Die Motivation für den Sport sollte keinesfalls darauf beruhen, begleitet zu werden! Mentale Bestärkung ist selbstverständlich gut, ein unabhängiger Wille jedoch bedeutend besser.
Der persönliche Trainingsplan
Nachdem “Was” und “Warum” geklärt sind, muss es im Anschluss darum gehen, das “Wie” zu bestimmen. Dafür ist die intensive Auseinandersetzung mit verschiedenen Trainingsmethoden, Übungen und auch den örtlichen Gegebenheiten unerlässlich.
Ein großer Fehler, den vor allem viele Anfänger begehen, besteht darin, wahllos einen Standard-Trainingsplan zu befolgen oder sich im schlimmsten Fall an überhaupt keine Routine zu halten und auf gut Glück einfach das zu, tun worauf sie gerade Lust haben, oder die Geräte zu benutzen, “die eben frei sind”.
Ein guter Trainingsplan muss die selbst gesteckten Ziele berücksichtigen. Für einen Langstreckenläufer ist es nur bedingt hilfreich, stundenlang ausschließlich Gewichte zu stemmen. Einem angehenden Bodybuilder wiederum wird der regelmäßige Besuch im Schwimmbad kaum nützen.
Gibt es einen Trainer, sollte zusammen mit ihm die passende Übungspalette zusammengestellt werden. Andernfalls finden sich im Internet und in Fachbüchern hunderte verschiedener Trainingssysteme, die sich bei unzähligen Sportlern bewährt haben. Alternativ kannst du dich selbstverständlich auch individuell mit einzelnen Übungen beschäftigen, um deinen ganz persönlichen Trainingsplan zusammenzustellen.
Jede dieser Methoden bietet ihre eigenen Vorzüge und keine ist grundsätzlich besser als die andere (sonst gäbe es vermutlich nicht so viele davon). Solange mit der nötigen Achtsamkeit vorgegangen wird, gibt es keine “falsche” Art, zu trainieren.
Entscheidend ist, dass du dich ausreichend informierst, dich letztlich für einen Plan entscheidest und diesen konsequent befolgst.
Der Termin mit dem inneren Schweinehund
Diese Konsequenz wird unter anderem erreicht, dass das Training einen festen Bestandteil in deiner Wochenplanung einnimmt. Wenngleich wohldurchdachte Prioritäten dabei helfen können, das Dilemma zwischen dem Kaffee mit Freunden und dem 5km-Lauf zu beseitigen, ist es doch erheblich einfacher, diese Situation von vornherein zu vermeiden.
Um ein Training auch im stressigen Alltag zu etablieren, ist es kritisch, ihm einen möglichst konkreten Platz darin einzuräumen. Das heißt: es sollten zumindest Trainingstage festgelegt werden, am besten sogar genaue Trainingszeiten, sodass andere Termine problemlos vorher und anschließend organisiert werden können.
Allein der Vorsatz “Ich will zweimal in der Woche Laufen gehen” wird kaum genügen. Die vermeintliche Freiheit führt oft nur zu kontinuierlichem Aufschub, bis plötzlich und völlig unerwartet das Ende der Woche erreicht ist. Die Aussage “Den fehlenden Lauf hole ich in der nächsten Woche nach!” klingt zwar durchaus ehrgeizig, wird sich jedoch höchstwahrscheinlich als vorsätzliche Lüge erweisen.
Soll das Training ernsthaft und dauerhaft durchgezogen werden, muss es aus organisatorischer Sicht den gleichen Stellenwert bekommen, wie die Zeit auf der Arbeit, für den Einkauf oder der Gang zum Frisör. Es muss als ein wichtiger Termin betrachtet werden, den wir nur im äußersten Ausnahmefall absagen können - eine Verabredung mit unserem inneren Schweinehund!
Im Grunde ist es gar nicht so schwer
Um die teils seit Jahren gehegten sportlichen Ambitionen endlich beständig in die Tat umzusetzen, braucht es nicht viel mehr, als eine gründliche Vorbereitung und die richtige Einstellung.
Vernünftige Ziele, eine solide Motivation und ein guter Trainingsplan bilden das Grundgerüst, ein gewisses Maß an Selbstdisziplin und ein starker Wille führen schließlich zum Erfolg.
Und wie in vielen anderen Bereichen gilt insbesondere auch hier: wenn du wirklich etwas verändern willst, wartest du nicht auf das neue Jahr oder irgendein “Morgen”, das dann doch niemals kommt - du beginnst noch heute!